Wie läuft eine Anamnese in unserer Praxis ab?

In der Traditionellen Chinesischen Medizin unterscheidet sich die Anamnese und anschliessende Diagnosestellung erheblich von der westlichen Medizin. Die Basis bildet in der TCM eine ausführliche Befragung des Patienten, die Betrachtung seines gesamten Erscheinungsbildes und eine Puls- und Zungendiagnose.

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Wie läuft eine Anamnese in unserer Praxis in Bern ab?

Laborwerte, Röntgenbilder und andere technisch erhobene Befunde sind für uns TCM-Therapeuten weniger relevant.  Selbstverständlich beziehen wir schulmedizinische Befunde in unser Ergebnis mit ein und befragen Sie zu Ihrer Familiengeschichte und schweren Erkrankungen. Doch die Schwerpunkte liegen darauf, das Wesen des Patienten und der akuten Beschwerden zu bestimmen. Wir stellen Ihnen nachfolgend vor, wie in unserer Praxis eine Anamnese abläuft.

Schmerzen


Für uns Therapeuten ist es wichtig zu wissen, wo sich der Hauptschmerz befindet. Lässt er sich genau lokalisieren, gibt es Ausstrahlungen in andere Körperbereiche? Neben der Stärke interessiert uns auch die Charakterisierung des Schmerzes. Ist er immer da oder nur zu einer bestimmten Uhrzeit oder Tages-/Nachtzeit? Wie fühlt er sich an - pochend, dumpf, bohrend, brennend, krampfartig? Was beeinflusst den Schmerz? Was verschafft Linderung oder Verschlechterung (Kälte, kaltes Wetter, Wärme, Wind, Zugluft, Ruhe, Bewegung, Essen, Stress, Ärger, Wut)?

Schlaf


Ein ungestörter Schlaf ist wesentlich für viele körperliche Prozesse, für das Gedächtnis und für die Regulation unserer Stimmungen. Unsere Fragen zielen auf die Qualität Ihrer Nachtruhe ab. Können Sie gut einschlafen? Und auch gut durchschlafen? Gibt es Wachphasen - wenn ja, um welche Uhrzeit? Kennen Sie Nachtschweiss? Träumen Sie oder haben Sie regelmässig Albträume? Fühlen Sie sich morgens erholt und ausgeschlafen oder fühlen Sie sich am Tag müde, schläfrig, energielos?

Appetit, Durst und Geschmack


Wikipedia beschreibt Appetit als einen psychischen Zustand, der sich durch das lustvoll geprägte Verlangen, etwas Bestimmtes zu essen, auszeichnet. Wie steht es um Ihren Appetit? Ist er erhöht, vermindert oder unregelmässig? Essen Sie lieber kalte und rohe oder warme und gekochte Speisen? Gibt es eine bevorzugte Geschmacksrichtung - süss, salzig, bitter, sauer? Wie ist Ihr Durst – erhöht oder vermindert, bevorzugen Sie kalte oder warme Getränke? Kennen Sie Heisshungerattacken? Wie ist ihr Mundgeschmack, ohne dass Sie etwas gegessen haben, z.B. morgens nach dem Aufstehen - bitter, süss, sauer, salzig, oder schmecken Sie etwas Verbranntes?

Stuhl und Urin


So wichtig wie die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ist, ist auch die Ausscheidung der verwerteten Stoffe. Wie geht es ihnen nach dem Essen ? Sind Sie energetisiert, müde, haben Sie ein Schweregefühl oder Blähungen? Wie häufig haben Sie Stuhlgang? Wie ist er beschaffen - hart, trocken, weich, schleimig? Ist der Stuhlgang mit intensivem Geruch verbunden, faulig riechend oder wässrig und geruchslos? Wie häufig müssen Sie Wasserlassen? Kennen Sie nächtlichen Harndrang oder müssen Sie grundsätzlich eher wenig bis selten zur Toilette? Wie ist die Farbe und Menge des Urins – blassgelb, bernsteinfarben, dunkelgelb, geringe/grosse Urinmenge?

Menstruation


Dem weiblichen Zyklus schenkt die TCM einen deutlich höheren Stellenwert als die westliche Medizin. Denn Störungen deuten auf ein Ungleichgewicht im Körper hin. Ist Ihr Zyklus normal lang, verkürzt, verlängert oder unregelmässig? Wie ist die Beschaffenheit des Blutes – viel, wenig, hellrot, dunkelrot, dünnflüssig-wässrig, zähflüssig mit Klumpen oder kommt nur Schmierblut? Haben Sie Schmerzen während der Menstruation? Wenn ja, wann - eher zu Beginn, in der Mitte oder zum Ende hin? Was verbessert die Beschwerden - Wärme/Kälte, Bewegung/Hinlegen? Leiden Sie unter Spannungsgefühl in Brüsten, Rücken oder Bauch, unter Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder depressiven Verstimmungen? Fühlen Sie sich körperlich und seelisch besser vor oder nach der Menstruation?

Temperaturempfinden


Jeder Mensch wird mit einer bestimmten Grundkonstitution geboren. Das Temperaturempfinden ist ein wichtiger Indikator hierfür. Ernährungs- und Lebensgewohnheiten beeinflussen allerdings die Konstitution und vor allem Frauen leiden häufig unter Kälteempfindlichkeit. Ist Ihr Körpergefühl eher von Kälte oder von Wärme geprägt? Wann und wo verspüren Sie Kälte, Hitze oder Schwitzen - Lendenwirbelsäule/Po, Handteller/Fusssohlen, Oberschenkel/Knie, Dekolleté, Kopf. Kennen Sie aufsteigende Hitze? Frieren Sie allgemein schnell oder meist vor bzw. nach dem Essen?

Emotionen


Wie Sie mit Stress umgehen, ist in unserem leistungsorientierten Alltag eine esentielle Frage. Fühlen Sie sich gestresst in Ihrem Leben oder Ihrer Arbeitswelt? Kennen Sie bei sich Reizbarkeit, vielleicht schon bei geringen Anlässen? Haben Sie das Gefühl, überlastet/überarbeitet zu sein? Können Sie Ihrem Ärger oder Ihrer Wut Ausdruck geben? Und wie gehen Sie mit Entspannung um? Fällt es Ihnen leicht, zur Ruhe zu kommen? Haben Sie ein Ventil zu Ihrem Arbeits- oder Familienleben, das Sie fordert? Treiben Sie Sport, meditieren Sie oder haben Sie Schwierigkeiten, sich zu entspannen und spüren innere Unruhe? Leiden Sie unter Traurigkeit, depressiven Verstimmungen oder Angstzuständen?

Für uns Therapeuten sind zusätzlich zahlreiche weitere Anzeichen von Bedeutung. So betrachten wir die Gesichtsfarbe und Lippen der Patienten, die Beschaffenheit des Gewebes, den Klang der Stimme, die Qualität von Haaren und Nägeln. Wir beurteilen Atmung und Husten und möchten natürlich wissen, ob Sie rauchen, Alkohol trinken oder Medikamente nehmen und wie ihr berufliches und privates Umfeld beschaffen ist. Wir erfragen die Qualität Ihrer Sinnesorgane, ob Sie an Tinnitus, Ohrgeräuschen oder Schwindel leiden und ob Sie Allerdien haben, nachtblind sind oder an trockenen/brennenden Augen leiden. Ein weiterer wichtiger Baustein in der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Puls- und Zungendiagnose. Darüber berichten wir im nächsten Blogartikel ausgiebig.