Die Geschichte der TCM – von Eisennadeln, Taoismus und kaiserlichen Verboten

Man glaubt es kaum, aber die Ursprünge der Akupunktur reichen bis 10000 v.Chr. zurück. Als das Feuer entdeckt wurde, begannen die Menschen, angezündete Blätter über schmerzhafte Körperstellen zu applizieren. Auch verwendeten sie Steinsplitter, um Schmerzen zu lindern und Abszesse zu drainieren – das war der Beginn von Moxibustion und Akupunktur.

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Die Geschichte der TCM von Eisennadeln, Taoismus und kaiserlichen Verboten

1991 wurde in Tirol eine Mumie entdeckt, die als «Ötzi aus dem Eis» bekannt wurde. An dessen Hautoberfläche entdeckten Forscher insgesamt 15 Tätowierungsstellen, die fast ausnahmslos an den uns heute bekannten Akupunkturpunkten liegen. Der Mann lebte vor 5200 Jahren und gilt als Entdeckung des Ursprungs der Akupunktur. Offensichtlich hat sich die Akupunktur neben China parallel auch im euroasiatischen Kulturkreis entwickelt. Es ist bekannt, dass der Mann aus dem Eis sowohl starke Rückenschmerzen, Gallensteine als auch durch Würmer verursachte Bauchschmerzen gehabt haben muss. Mit den Tätowierungen wurden neben lokalen Punkten auch Fern- und Alarmpunkte genadelt. Die Akupunktur erfolgte offensichtlich mit Holzkohle, eine interessante Art der Schmerztherapie, denn Holzkohle entfaltet neben der Akutbehandlung eine langanhaltende Wirkung.

Im alten China wurden manuellen Techniken mit Eisen-, Gold- und Silbernadeln durchgeführt. Beobachtungen, dass beispielsweise Nadelsensationen meist entlang einer Linie ausstrahlten, führte zur Theorie der Meridiane. Therapeutisch wurden schamanische Beschwörungstechniken als Volksmedizin eingesetzt. Aus dem Einfluss verschiedener philosophischer Schulen entstanden diverse kleine literarische Werke wie «52 Rezepturen» oder «11 Leitbahnen». Die zunehmende klinische Erfahrung wurde Stück für Stück systematisiert. Es entstanden Prinzipien der taoistischen Philosophie bezüglich Qi, Yin, Yang und den fünf Wandlungsphasen. Die Errungenschaften wurden in Büchern festgehalten, die heute noch als relevante medizinische Informationsquellen gelten. Später wurde die Rezepturkunde systematisiert. Ausserdem entstanden Erkenntnisse bezüglich der Syndrome von Krankheiten. Sie wurden differenziert in Infektionskrankheiten, die sogenannten «Shan Han» Erkrankungen und diverse innere «Za Bing» Erkrankungen. Zusätzlich entstanden literarische Pulsklassiker mit der Differenzierung von 24 Pulsen.

Mit Beginn der Jin-Dynastie (265-581 n.Chr.) erfolgte eine Spezialisierung der Literatur in innere Medizin, Pädiatrie und Gynäkologie. Im Bereich Alchemie und Taoismus wurden viele neue Arzneipflanzen entdeckt. Das erlangte Wissen wurde literarisch zusammengefasst. Beispielsweise entstanden Werke über Terminologie und die Definition von Akupunkturpunkten, Rezeptursammlungen, Arzneimittelanwendungen mit Dosierung und literarische Beschreibungen zu Moxibustionsanwendungen in akuten Fällen. In der folgenden Sui-Dynastie wurde Taoismus zur Staatsreligion und die staatliche Ärzteausbildung systematisch gefördert. Durch den Taoisten Wang Bing entstand einer der grossen Klassiker Huangdi Neijing «Tausend Dukaten Rezepturen», ein erstes grosses Kompendium mit grafischer Darstellung der Leitbahnen (Meridiane), Hervorhebung der Ashi- und Extra-Akupunkturpunkte sowie einer erweiterten Arzneimitteldarstellung und Ratschläge zur gesunden Lebensweise und Ernährung. Ausserdem entstand das zweite grosse TCM-Kompendium der Tang-Dynastie mit 6000 Rezepturen: «Wichtige Geheimnisse der äusseren Ebene».

Wir befinden uns mittlerweile in den Jahren 960-1369 n.Chr. In der Song-Dynastie und nachfolgenden Jin- und Yuan-Dynastie konnte man vermehrt beobachten, dass sich eine Trennung zwischen Volks- und kaiserlicher Hofmedizin entwickelte. Die Medizin wurde zunehmend staatlich kontrolliert und die «Bronzefiguren» bei Ärzteprüfungen eingeführt. Durch die Seidenstrasse und länderübergreifende Kriege fand ein reger Wissensaustausch statt. Durch arabische und mongolische Medizin entstanden neue Betrachtungen von Krankheiten und deren Ursachen, neue Überzeugungen zur Mitte-Stärkung und Yin-Nährung sowie literarische Werke zur Traumatologie, Gynäkologie und Knochenheilkunde. Beispielsweise unterschied das Buch «Drei Gründe der Erkrankungen» die Krankheiten in äussere, innere, nicht äussere und nicht innere Ursachen. Im 15. und 16. Jahrhundert gab es - verursacht durch viele Seuchen - erste Theorien zu febrilen Krankheiten. Es entstanden neben der berühmten Wen-Bing-Schule eine medizinische Enzyklopädie, eine Materia Medica mit über 11000 Rezepturen sowie Kompendien zur Akupunktur-Moxibustion mit Techniken, Leitbahnen und Punkten. Wissen wurde systematisch geordnet.

Als 1822 ein Dekret erlassen wurde, dass die Kaiserfamilie nicht mehr mit Akupunktur behandelt werden durfte, um die kaiserliche Haut nicht zu verletzten, wurde die Akupunktur wieder Volksheilkunde. Im Jahre 1911 wurde die Republik China gegründet. Die neue Republik begann, sich vermehrt auf Wissenschaftlichkeit und westliche Methodik auszurichten. Es begann eine ausschliessliche Förderung der westlichen Medizin. Es wurde sogar versucht, die TCM gesetzlich zu verbieten, doch durch grosse Proteste der traditionellen Ärzte wurde das Gesetz wieder fallen gelassen. Es entstand reichlich Literatur mit neuen Erkenntnissen aus der westlichen Medizin, die in die TCM integriert wurden. Beispielsweise wurde versucht, Aspirin mit chinesischen Arzneimitteln zu kombinieren, sowie Blut-Stase-Erkrankungen wie Apoplexie, Gerinnungsstörungen, Herz- und Gefässkrankheiten in die Kräutermedizin zu integrieren. Seit den 50er Jahren ist die TCM eine universitäre Ausbildung bestehend aus Schulmedizin und integrierter traditioneller Medizin.

Haben Sie Beschwerden, die Sie mit TCM behandeln lassen möchten? Wenden Sie sich an unser Team von Therapeutinnen, die allesamt eine fundierte Ausbildung in traditioneller chinesischer Medizin mitbringen.

Quelle: Leitfaden Chinesische Medizin, 5. Auflage, Urban & Fischer Verlag, C. Focks und N. Hillenbrand und Deutsche Akademie für Akupunktur e.V.